DNA Varroa-resistenter Honigbienen entschlüsselt

  • Veröffentlicht am: 26.06.2020

Die Varroa-Milbe kann manchen Völkern der Westlichen Honigbiene nicht viel anhaben. Foto: Brian0918/Public Domain

Der typische Fall des Wechsels eines Parasiten auf einen neuen Wirt, ohne eine gemeinsame Koevolution von Wirt und Parasit, liegt bei der Westlichen Honigbienen Apis mellifera und der Varroa-Milbe Varroa destructor vor.
Die Milbe wechselte mithilfe des Menschen von der Östlichen Honigbienen Apis cerana auf die Westliche Honigbiene. Seither stellt die Varroa-Milbe oder die von ihr begünstigten Krankheiten eine Bedrohung für die meisten Völker von A. mellifera dar.

Einigen Völkern der Westlichen Honigbiene kann die Varroa-Milbe jedoch nichts anhaben. Bei einem Teil dieser Völker wird dies auf eine Unterdrückung des Wachstums der Milbenpopulation zurückgeführt. Der Mechanismus wird als „Suppressed Mite Reproduction“ (SMR) bezeichnet. Die zugrunde liegende Genetik war bisher jedoch nur unzureichend bekannt.

Ein internationales Team von Wissenschaftlern ist dem nachgegangen. Für ihre Studie nutzen sie haploide Drohnen, von einer Königin aus den Niederlanden mit nachgewiesener Varroa-Resistenz.

Die Forscher haben im Rahmen der Studie die genetischen Varianten identifiziert, bei denen SMR nachzuweisen ist; sie haben ein Modell entwickelt, das 88 % der Phänotypen korrekt voraussagen kann. Reproduzierende und nicht reproduzierende Milben konnten mittels DNA-Mikrosatelliten nicht unterschieden werden. Das unterstreicht die Hypothese, dass sich nicht der Parasit, sondern der Wirt anpasst.
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Brutpheromon-abhängige Milben-Oogenese in Völkern resistenter Honigbienen gestört ist.

Genetik entscheidend

Für die Studie wurden unbegattete Königinnen aus Beständen verschiedener Standorte in Europa ausgewählt. Alle Populationen wurden seit mehreren Jahren nicht mehr gegen Varroa behandelt und gelten damit als varroaresistent: aus den Niederlanden (Amsterdamse Waterleidingduinen) nach Untersuchungen von Panziera et al. 2017, aus Frankreich (Toulouse) nach Kefuss et al. 2015 und Norwegen (Østlandet) nach Oddie et al. 2017. 
Zusätzlich wurden aus Belgien unbegattete Schwesterköniginnen einer Zuchtkönigin mit dem höchsten Varroa-Index des Jahres 2014 ausgewählt. Der Varroa-Index soll Messungen über die Populationsdynamik von V. destructor und dem Hygieneverhalten wiedergeben.

Varroaresistente Honigbienen sind bereits heute eine nachhaltige Lösung. Ein Verzicht auf eine Behandlung gegen die Milbe führt jedoch meist zu sehr hohen Verlusten, bis hin zum Totalverlust, sodass dieser Ansatz zur Entdeckung entsprechender Völker für den durchschnittlichen Imker eher unrealistisch ist.
Eine natürliche Selektion widerstandsfähiger Honigbienen basiert daher sowohl auf phänotypischer als auch auf genetischer Ebene. Die vorliegende Studie ist die Grundlage, um künftig genetische Varianten zu ermitteln, die gegen die Varroa-Milbe resistent sind.

In Bezug auf den Phänotyp beschreibt die vorliegende Studie ein sehr vielversprechendes Merkmal – DBR – in einer bereits gut untersuchten, widerstandsfähigen Honigbienen-Population, die durch natürliche Selektion in den Amsterdamse Waterleidingduinen etabliert wurde.
Die Varroa-Milbe besitzt eine Vorliebe für Drohnenbrut, weshalb das Entfernen von Drohnenbrut oder das „Schneiden“ von Drohnenbrut von Imkern häufig als Teil einer biotechnischen Milben-Kontrollstrategie angewandt wird. Da das Entwicklungsstadium von Drohnen nach dem Verschließen der Brutzellen zwei Tage länger dauert als das von Arbeitsbienen (14 statt 12 Tage), haben die Varroa-Milben dort mehr Zeit für ihre Entwicklung.

Die Kapbiene Apis mellifera capensis besitzt eine angeborene Resistenz gegen die Varroa-Milbe, da sie die Entwicklungszeit der Larven nach dem Verschließen der Brutzellen auf durchschnittlich nur neun Tage verkürzt. Die Milben-Reproduktion beim DBR-Phänotyp basiert auf einem ähnlichen Effekt, die Populationsdynamik der Varroa-Milbe aus dem Gleichgewicht zu bringen. Es ist daher eine alternative Möglichkeit dazu, die massive Milben-Reproduktion in der männlichen Brut zu verhindern. Völker werden nach Boecking et al. 2000 im Vergleich zum Hygiene-Verhalten, bei dem bis zu 32,4 % der Puppen aus der Brut entfernt werden auch nur verhältnismäßig niedrig belastet. DBR-Phänotypen waren in der Studie in natürlichen Bienenpopulation weit verbreitet, sodass die Wissenschaftler den Weg einer markergestützten Selektion als realistisch betrachten.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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