Neonicotinoide stören innere Uhr bei Honigbienen

  • Veröffentlicht am: 20.11.2020

Neonicotinoide stören wahrscheinlich die normale neuronale Stimulation im Bienenhirn. Foto: Romain GILLE/Unsplash, CC0

Die Aufnahme von Neonicotinoiden über mehrere Tage führt zu einer Akkumulation von Neonicotinoiden im Bienenhirn, stört die circadiane Rhythmik bei vielen Bienen und beeinträchtigt den Schlaf. Die Störungen rufen die Neonicotinoide wahrscheinlich durch eine anormale neuronale Stimulation hervor.

Der Einsatz von Pestiziden schädigt auch nützliche Insekten wie Honigbienen. Neonicotinoide führen bei ihnen zu subletalen Expositionen und einer verringerten Überlebensrate ganzer Bienenvölker. Honigbienen sind in hohem Maße auf ihren circadianen Rhythmus angewiesen. Ihre innere Uhr sorgt für die Regulation kritischer Verhaltensweisen wie Nahrungssuche und Navigation, Zeitgedächtnis für Nahrungsquellen, Schlaf- und Lern- sowie Gedächtnisprozesse.

In einer Studie sind Wissenschaftler den Auswirkungen von Neonicotinoiden – Clothianidin und Thiamethoxam – auf den circadianen Rhythmus und den Schlaf von Honigbienen nachgegangen. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Aufnahme von Neonicotinoiden den circadianen Rhythmus bei exponierten Honigbienen stört, sie bleiben sogar bis in die Nacht aktiv.
Die Wirkung von Neonicotinoiden auf den circadianen Rhythmus von Honigbienen wird durch Lichteinfall weiter verstärkt.

Dies Auswirkungen auf das circadiane System von Honigbienen kann schädliche Auswirkungen auf das Nahrungssuchverhalten von Honigbienen haben, was sich letztendlich auf die Gesundheit und das Überleben des jeweiligen Volkes auswirken kann.

Die Forscher nehmen an, dass die in anderen Studien beschriebenen Fehler bei der Navigation von Honigbienen mit einer Belastung durch Neonicotinoide auf die Verschiebungen des circadianen Rhythmus relativ zum täglichen Lichtzyklus zurückzuführen sind.

Neonicotinoide beeinträchtigen auch den Schlaf von Honigbienen: Sie reduzieren den Gesamtschlaf und die Anzahl der Schlafzyklen. Studienveröffentlichungen haben zuvor gezeigt, dass Schlafmangel neurokognitive Funktionen wie das Lernen und die soziale Kommunikation stören. Bei Honigbienen beeinträchtigt Schlafentzug insbesondere das Navigationsgedächtniss und verringert damit ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass Sammelbienen in ihren Bienenstock zurückkehren wie Beyaert et al. 2012 zeigten.

„Wir haben gesehen, wie Neonicotinoide die biologischen Uhren von Honigbienen stören, so dass viele keinen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus mehr haben“, so Douglas McMahon von der Vanderbilt Universität. „Die Bienen, die unregelmäßige Schlaf-Wach-Rhythmen haben, werden ihres Schlafs beraubt und sind in ihrer zeitlichen und ökologischen Ausrichtung verzerrt.“

Wie Menschen, die nicht genug Schlaf bekommen, können Bienen nicht so gut funktionieren, wenn sie müde und desorientiert sind. „Über Schlafstörungen hinaus wissen wir, dass Honigbienen auf ihr inneres Zeitgefühl und den Sonnenstand angewiesen sind“, ergänzt Studienautor Michael Tackenberg von der Vanderbilt Universität. „Wenn sie ein falsches Zeitgefühl haben, ist ihre Fähigkeit zur effektiven Navigation beeinträchtigt. Es liegt auf der Hand, dass eine Störung oder Veränderung des inneren Zeitgefühls einer Biene das Lernen, das Gedächtnis und die Nahrungssuche beeinträchtigen kann - auch außerhalb der durch Schlafstörungen reduzierten Kapazität.“

Zwei Einschränkungen der Studie ergeben sich jedoch aus der Laborumgebung, in der sie durchgeführt wurden: Die Experimente wurden über einen relativ kurzen Untersuchungszeitraum von bis zu einer Woche durchgeführt, und es wurde ausschließlich der circadiane Rhythmus von Individuen untersucht.
Durch die relativ kurze Dauer der Untersuchungen können die langfristigen Auswirkungen  von Neonicotinoiden auf das circadiane System von Honigbienen unterschätzt werden, da die Expositionen im Feld länger andauern und Expositionen bereits in der Larvenentwicklung auftreten können.
Zudem wäre es interessant zu untersuchen, inwieweit sich die Verhaltensänderungen auf ein gesamtes Bienenvolk auswirken.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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