Massensterben von Hummeln nach Neonicotinoid-Einsatz

  • Veröffentlicht am: 02.09.2021

Eine lebende Gelbmasken-Hummel und nicht unter Linden. Foto: JKehoe_Photos/Flickr, CC BY 2.0

Im Juni 2013 führte die Anwendung von Dinotefuran auf Europäischen Linden Tilia cordata auf einem Parkplatz zur größten dokumentierten Tötung von Hummeln durch Pestizide in Nordamerika.
Dinotefuran ist ein Neonicotinoid, das hochwirksam bei der Vernichtung von Schädlingen, aber auch Nützlingen ist, die nicht das eigentliche Ziel einer Anwendung darstellen.

Auf den Pestizidvorfall in Wilsonville im US-Bundesstaat Oregon wurde der Studienautor Richard Hatfield durch besorgte Gemeindemitgliedern aufmerksam gemacht, die tote Bienen unter Bäumen auf einem Parkplatz eines Einzelhandelsgeschäfts in großer Zahl gefunden hatten.
Dort fand der Autor selbst Unmengen toter Hummeln unter den Linden, überwiegend Gelbmasken-Hummeln Bombus vosnesenskii. Weitere Hummelarten waren Dreifarbige Hummeln B. mixtus und Dunkle Hummeln B. caliginosus.

Getötet wurden im dokumentierten Fall zwischen 45.830 und 107.470 Hummeln aus 289 bis 596 Völkern.
Für die Ermittlung wurden drei unabhängigen Ansätzen zur Schätzung der Koloniedichte verwendet, die von 289 bis 596 Hummelvölkern im Gebiet von Wilsonville ausgingen.
Völker von B. vosnesenskii können ziemlich groß werden; die durchschnittliche Koloniegröße beträgt rund 1.000 Individuen.
Die Schätzung der Völkeranzahl wird von den Wissenschaftlern als konservativ eingestuft.

Das Landwirtschaftsministerium von Oregon (ODA) hat unmittelbar eine Untersuchung auf Pestizide eingeleitet.
Zwei Tage vor dem Fund der toten Hummeln hatte ein Unternehmen etwa 55 Linden während ihrer Blütezeit gegen Blattläuse Aphidoidea und Rüsselkäfer Curculionidae mit Dinotefuran behandelt. Im späteren Verlauf der Untersuchungen stellte sich heraus, dass das Unternehmen zwei separate Behandlungen vorgenommen hatte: Bei einer wurden wahrscheinlich 46 Bäume gespritzt und neun Bäume wurden per Bodentränkung behandelt. Die Anwendungsmengen lagen innerhalb der empfohlenen Anwendungskonzentrationen des Herstellers.

Das Landwirtschaftsministerium sammelte Gewebeproben von Hummeln und den behandelten Linden, um Analysen durchführen zu können.
Gut einen Monat später wurden von den Pflanzen erneut Proben genommen, um Unterschiede feststellen zu können. Im Folgejahr wurden ein letztes Mal Proben genommen, um mögliche Restkonzentrationen von Dinotefuran zu finden.

Eine Analyse zum Nachweis des Pestizids in den Blüten zeigte, dass die Konzentration von Dinotefuran einer beprobten Lindenblüte 7,4 ppm betrug und damit über 737 % des Wertes lag, der als mittlere letale Konzentration bei Honigbienen ermittelt wurde (50 % der Honigbienen waren bei der Ermittlung des LC-50-Wertes gestorben).
Die ebenfalls untersuchten Gelbmasken-Hummeln wiesen eine durchschnittliche Dinotefuran-Konzentration von 0,92 ppm zum Zeitpunkt des Todes auf. Die maximale LC50 bei Honigbienen beträgt 0,884 ppm.
Honigbienen besitzen eine höhere Schwelle für akute tödliche und subletale Wirkungen gegenüber Neonicotinoiden als Hummeln wie Hopwood et al. 2016 zeigten. Laborstudien zur Bestimmung der LC50 von Dinotefuran an Hummeln gibt es bisher nicht.

Auf dem Anwendungsetikett war das Risiko für Bienen bei der Anwendung auf blühende Pflanzen angegeben. Das Unternehmen musste daher eine Strafe von 1.665 US-Dollar zahlen; zudem wurde eine Bestimmung erlassen, nach der die Verwendung der Neonicotinoide Dinotefuran, Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam auf Linden verboten wurde, unabhängig von der Anwendungsmethode.

Die Fallstudie zeigt die tödliche Wirkung des Neonictinoids Dinotefuran gegenüber bestäubenden Insekten-Populationen. Auswirkungen tödlicher Pestizideinsätze auf Wild-Populationen von Nützlingen sind kaum dokumentiert und es ist wahrscheinlich, dass die überwiegende Mehrheit ähnlicher Fälle in anderen Umgebungen unbemerkt bleibt und nie gemeldet wird.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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