Social-Media bei Honigbienen

  • Veröffentlicht am: 21.02.2022

Honigbienen und Menschen kommunizieren gleichermaßen in Netzwerken. Foto: Alina Grubnyak/Unsplash

Forscher haben starke Ähnlichkeiten zwischen den Kommunikationsnetzwerken von Honigbienen und Menschen entdeckt. Dazu analysierten sie mehr als 1,2 Millionen Interaktionen bei sozialen Honigbienen. Mehr als 600 Millionen Jahre Evolution liegen zwischen den Arten, sodass sich in der Gemeinsamkeit wahrscheinlich eher eine fundamentale Eigenschaft sozialer Interaktionen widerspiegeln dürfte.

Interaktionen zwischen den Bienen wurden ermittelt, indem Futteranforderung ausgewertet wurde. Bei der Übergabe eines Tropfens zuckerhaltiger Flüssigkeit werden nicht nur Kalorien, sondern auch Informationen mithilfe chemischer Signale übermittelt. Die  Trophallaxis ist ideal, um den Informationsfluss innerhalb der Bienenkolonie zu verfolgen.

Die größte Herausforderung während der Untersuchungen bestand darin, die einzelnen Bienen zu verfolgen und ihre Interaktionen automatisch zu erkennen. Eine Software löste dieses Problem im Zusammenspiel mit hochauflösenden Kameras. Im Versuch wurden Honigbienen in gläsernen Beuten untergebracht; markierte Bienen waren auf dem Rücken mit Barcodes versehen. Im Sekundentakt wurden Aufnahmen über den Zeitraum einer Woche gemacht, sodass sich aus der entstandenen Fotogalerie eine ziemlich vollständige Aufzeichnung der Interaktionen zwischen den Bienen im Volk ergab. Durch die Auswertung ließen sich Tausende kleiner Interaktionen, die für das menschliche Auge zufällig erscheinen, nachvollziehen und ein verstecktes Muster der Begegnungen offen legen. Interaktionen traten dabei sporadisch auf – sowohl massiv gebündelt als auch lückenhaft.

In Bezug auf die Ausbreitungsdynamik funktionieren beide Systeme auf unterschiedliche Weise.
In den Simulationen wurden Honigbienen schnell „infiziert“ und im kurzen Zeitraum verlief die Verbreitung schneller als erwartet, während sie auf längere Sicht betrachtet eher gehemmt wurde. Eine derartige Ausbreitungsdynamik wurde schon zuvor auch bei Ameisen Temnothorax rugatulus beobachtet. Man könnte daher annehmen, dass diese dichotome Ausbreitungsdynamik für hochsoziale Insekten charakteristisch sei und dass die im Rahmen der Studie beobachtete streuende Dichotomie das Ergebnis der Unfähigkeit der Bienen sein könnte, soziale Interaktionen so zu strukturieren, dass sie alle schnell erreichen oder ihre Fähigkeit widerspiegeln, in verschiedenen Zusammenhängen unterschiedlich zu reagieren.
Gerade im Zusammenhang mit der Nahrungssuche könnte das Trophallaxis-Netzwerk eine Rolle bei der Vermittlung verschiedener Reaktionszeiten spielen, indem es Änderungen der Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen schnell an Sammelbienen kommuniziert, aber langsamer an Stockbienen.

Von einem sozialen Netzwerk mit einer guten Ausbreitungsdynamik können Kommunikation und Koordination profitieren, aber ebenso kann die Übertragung von Krankheiten schnell fortschreiten. Gerade Letzteres steht im Widerspruch: Interaktionen zwischen den Individuen von Insektengesellschaften sollten so strukturiert sein, dass die Übertragung von Krankheiten verlangsamt wird. Vielleicht organisieren sich Bienenvölker daher so, dass es auf einen Kompromiss hinausläuft: Eine schnelle Informationsverbreitung und eine reduzierte Krankheitsübertragung durch eine dynamische Anpassung von Interaktionsmustern, die sich am Gesundheitszustand der einzelnen Biene orientiert.

In jedem Fall sehen die Wissenschaftler noch weiteren Bedarf, den Mechanismen von Kommunikationsnetzen in nichtmenschlichen Gesellschaften weiter nachzuspüren.
Die Ergebnisse werden künftige Modelle der Verbreitung von Krankheiten und Informationsübertragung großer sozialer Organisationen beeinflussen.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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