Zwei Neonicotinoide beeinträchtigen Fortpflanzungsfähigkeit von Drohnen

  • Veröffentlicht am: 31.07.2016

Die Fortpflanzungsfähigkeit männlicher Honigbienen, den Drohnen, kann durch zwei Neonicotinoide geschädigt werden. Diese Insektizide verkürzen die Lebensdauer männlicher Bienen und reduzieren die Anzahl ihrer lebenden Spermien. Beide Neonicotinoide sind in Europa teilweise verboten. Die Ersteller der Studie fordern daher eine gründlichere Risiko-Abschätzung dieser Insektizide für die Umwelt.

Die Studie „Neonicotinoid insecticides can serve as inadvertent insect contraceptives“ untersuchte erstmals die Auswirkungen von Neonicotinoiden auf Drohnen und ist eine der ersten, die sich mit den Auswirkungen auf männliche Insekten überhaupt befasst. Sie wurde im Journal „Biological Sciences“ der „Proceedings of the Royal Society of London B“ publiziert.

Wie Wissenschaftler der Universität Bern und der Agroscope zusammen mit Kollegen in Thailand und Deutschland herausgefunden haben, verkürzen Neonicotinoide unbeabsichtigt die Lebensspanne von Drohnen und reduzieren die Anzahl ihrer lebenden Spermien. Weil das Überleben und die Leistungsfähigkeit der Bienenkönigin von der erfolgreichen Begattung mit Männchen abhängt, hat eine schlechte Spermienqualität schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Königin und somit das ganze Bienenvolk. Andere aktuelle Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass eine schwache Gesundheit der Königin eine wichtige Ursache für das Bienensterben darstellt. In diesem Zusammenhang fordern die Forschenden gründlichere Abklärungen der Risiken von Neonicotinoiden und ähnlicher Mittel.

Schädigung von Weibchen bereits nachgewiesen

„Wir wissen, dass verschiedene Faktoren der Bienengesundheit schaden, darunter Parasiten und schlechte Ernährung. Agrochemikalien gehören auch dazu“, sagt Geoff Williams von der Universität Bern und der Agroscope. Bisherige Studien weisen darauf hin, dass die Chemikalien sowohl tödliche als auch nicht-tödliche Auswirkungen auf weibliche Honigbienen haben. Bisher war aber nichts über die Auswirkungen auf Männchen bekannt. Bereits 2013 wurde vorsorglich die breite Anwendung der drei Wirkstoffe Thiamethoxam, Clothianidin und Imidacloprid in Europa stark eingeschränkt, um die Auswirkungen auf die Bienengesundheit genauer zu untersuchen. In Anlehnung an die EU wurde der Einsatz dieser Neonicotinoide in der Schweiz ebenfalls teilweise verboten. Aktuell ist eine neue Abklärung durch die Bewilligungsbehörden Europas im Gang.

Die Forschergruppe der Institute für Bienengesundheit und Veterinary Public Health der Universität Bern und dem Zentrum für Bienenforschung der Agroscope wiesen nun gemeinsam mit thailändischen Kollegen der Chiang Mai Universität und der Mae Fah Luang Universität sowie deutschen Kollegen der Universität Koblenz-Landau nach, dass auch männliche Bienen durch die Neonicotinoide Thiamethoxam und Clothianidin geschädigt werden.

Kürzeres Leben und verminderte Spermienqualität

Die Studie zeigt, dass im Labor gehaltene Drohnen, nachdem sie den Neonicotinoiden in einem Volk ausgesetzt waren, eine kürzere Lebensdauer aufwiesen und weniger lebende Spermien produzierten. Dies hat Konsequenzen für die Bienenköniginnen: Da sie als einzige Eier legen können, müssen sie mit den gesunden Spermien von mehreren Drohnen befruchtet werden, um ihre zentrale Rolle für das Volk wahrzunehmen. Wird eine Königin von Männchen mit schlechter Spermienqualität begattet, beeinträchtigt dies ihre Legetätigkeit, worauf die Kolonie sie durch eine andere ersetzen muss – was ressourcenintensiv und mit Risiken verbunden ist. „Die meisten Studien zu Neonicotinoiden haben sich bisher auf Arbeiterinnen (die nicht reproduzierfähigen Weibchen im Volk) beschränkt. Männliche Honigbienen wurden bisher vernachlässigt – und obwohl die Resultate nicht überraschen, könnten sie nun zu einem Umdenken in Sachen Neonicotinoide führen“, hofft Lars Staub, Hauptautor der Studie und Doktorand am Institut für Bienengesundheit.

„Zusammen mit weiteren Studienergebnissen und der Bedeutung, die männliche Honigbienen für die Fortpflanzung der Gattung haben, unterstreichen unsere Resultate die Dringlichkeit von Risikoabschätzungen der Agrochemikalien, um die Biodiversität und Öksysteme zu erhalten“, sagt Peter Neumann, Leiter des Instituts für Bienengesundheit.

Zusammenhang zwischen Bienengesundheit, Bestäubung und Honigproduktion

Honigbienen erfüllen, wie alle bestäubenden Insekten, eine sehr wichtige Rolle für das Ökosystem und dadurch auch für die Wirtschaft. Jedes Jahr produzieren Millionen von Honigbienenvölkern in Europa und Nordamerika Honig und tragen maßgeblich zur Bestäubung landwirtschaftlicher Pflanzen bei. Die Vielfalt der bienenbestäubten Pflanzen reicht von der Karotte über die Mandel bis hin zum Raps. Die gesamte Bestäubungsleistung beträgt jährlich mehrere Milliarden Euro.

Literaturstelle: 

Straub, L., Villamar-Bouza, L., Bruckner, S., Chantawannakul, P., Gauthier, L., Khongphinitbunjong, K., Retschnig, G., Troxler, A., Vidondo, B., Neumann, P., Williams, G.R. 2016. Neonicotinoid insecticides can serve as inadvertent insect contraceptives. Proc. R. Soc. B 20160506 doi: 10.1098/rspb.2016.0506.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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