Agrarökologische Maßnahmen helfen Honigbienen beim Überwintern

  • Veröffentlicht am: 24.05.2023

Auch Blühstreifen helfen bei der Überwinterung von Honigbienen. Foto: Agroscope, Gabriela Braendle/Flickr, CC BY-ND 2.0

Je monotoner landwirtschaftliche Produktionsflächen über die Jahrzehnte wurden, desto mehr hat auch die Bestäubervielfalt und -häufigkeit abgenommen. Landwirte haben durch finanzielle Anreize unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, mehr Blütenressourcen bereitzustellen. Dazu zählen die Verfügbarkeit ungemähter Blühstreifen, ein späteres Mähen und der Verzicht auf die Nutzung von Aufbereitern.

In einer Studienarbeit wurden die Wirkungen dieser Maßnahmen auf die Entwicklung und das Überleben von Honigbienen-Völkern im Winter untersucht. Dazu hat das Team der Wissenschaftler die Auswirkung der Maßnahmen auf die Koloniegröße während der Nektar- und Pollensammelsaison im Frühjahr und Sommer bestimmt, die Auswirkung der Koloniegröße im Frühjahr und Sommer auf die Größe im Herbst bewertet und die Auswirkung der Völkergröße im Herbst auf die Wintersterblichkeit beschrieben.
Insgesamt wurden 300 Honigbienen-Völker in den drei Kantonen der West-Schweiz Waadt, Jura und Bern über drei Jahre - von März 2018 bis März 2021 - hinweg überwacht. Die Agrarlandschaft der Kantone zeichnet sich durch ein Mosaik unterschiedlicher Elemente wie Wiesen, Äcker und Wälder aus. Leguminosen (hauptsächlich Weissklee, Rotklee und Luzerne) sind wichtige Nektar- und Pollenlieferanten auf Wiesen.

Nach der Definition der Schweizer Agrarpolitik existieren drei Arten von Wiesen: temporäre, dauerhafte und ökologische Wiesen.
Temporäre Wiesen werden in die Fruchtfolge einbezogen und bestehen daher maximal fünf Jahre, während Dauerwiesen mehrere Jahrzehnte fortbestehen. Beide Wiesentypen werden gedüngt, zwei- bis fünfmal im Jahr gemäht und gelegentlich als Weiden genutzt. Die Landwirte legen Erntetermine und die dafür genutzte Ausrüstung selbst fest.
Für Ökowiesen ist der früheste Mahdtermin dagegen festgelegt und ökologische Wiesen dürfen nur wenig bis gar nicht gedüngt werden.
Temporäre und permanente Wiesen machten etwa 80 % der Wiesen aus.

Aufseiten der Imker gab es 30 freiwillige Teilnehmer, die mindestens über zehn Völker in einem der Kantone verfügen mussten und deren Stände mindestens 5 km voneinander entfernt waren: zwei im Kanton Bern, acht im Kanton Jura und 20 im Kanton Waadt. Der Flugradius von fünf Ständen im Kanton Waadt erstreckten sich bis in den Nachbarkanton Freiburg.

Landwirte mit Wiesen innerhalb des Untersuchungsgebietes erhielten Subventionen, wenn sie agrarökologische Maßnahmen durchführten, die Honigbienen eine bessere Nutzung der Wiesen ermöglichen sollte.
Für temporäre Wiesen wurden drei Maßnahmen angeboten: Beim Mähen auf den Einsatz von Aufbereitern zu verzichten; bei jedem Mähvorgang zwischen dem 1. Juni und dem 31. August, der Blütezeit der Leguminosen einen Streifen ungemäht stehen zu lassen und das Mähen zu verschieben, bis die Blüte der Leguminosen beendet war. Möglich war auch eine Kombination des Verzichts auf Nutzung eines Aufbereiters mit einer der beiden anderen Methoden.
Bei Dauerwiesen und Ökowiesen wurde den Teilnehmern lediglich der Verzicht auf den Einsatz eines Aufbereiters angeboten.

Die Koloniegröße der Bienenvölker wurde durch die Anzahl der Brutzellen und der erwachsenen Arbeiterinnen bestimmt. Bewertet wurde auch die Befallsrate mit der Varroa-Milbe Varroa destructor im Oktober.

Die Völkersterblichkeit wurde nach der Überwinterung erfasst: Anfang April 2019, 2020 und 2021.

Im Ergebnis wurde die Koloniegröße der Honigbienen im Sommer und Herbst durch agrarökologische Maßnahmen auf Wiesen verbessert und trug so wahrscheinlich zum erhöhten Überwinterungserfolg der Völker bei.

Die Studienergebnisse zeigen, dass die Koloniegröße im Juli durch die agrarökologischen Maßnahmen - Mähen ohne Aufbereiter, Blumenstreifen und verzögertes Mähen - auf temporären Wiesen anwuchs. Eine hohe Anzahl Honigbienen im Juli führte zu einer großen Koloniegröße auch im Herbst und prinzipiell erhöht sie auch die Überlebensrate der Kolonien in der kalten Jahreszeit. Die Arbeiterinnen zu dieser Jahreszeit wurden jedoch durch hohe V. destructor-Befallsraten negativ beeinflusst. Es ist daher wichtig, den Varroa-Druck durch gut durchgeführte Behandlungen niedrig zu halten.

Die durchgeführten Maßnahmen auf temporären Wiesen zeigen signifikante Auswirkungen auf die Verbesserung der Entwicklung und des Überlebens der Honigbienenvölker. Der Nachweis dieses – wenn auch geringen – Zusammenhangs zwischen agrarökologischen Maßnahmen und Völkerstärke ist bemerkenswert angesichts der Vielzahl von Faktoren, die mit der Entwicklung und Gesundheit der Völker zusammenhängen, wie etwa das Management der Imker, klimatische Bedingungen, genetische Dispositionen der Honigbienen oder der Befall mit Krankheitserregern.
Jährliche klimatische Schwankungen beeinflussen etwa die Verfügbarkeit von Pollen und Nektar und damit die Brutmenge, die von den Bienenvölkern aufgezogen werden kann.

Das Team der Forscher sieht in den positiven Ergebnissen einen Grund, die Maßnahmen auf Wechselwiesen beizubehalten und auszuweiten, insbesondere für die kombinatorische Anwendung, weil die Wirkung der Einzelmaßnahmen dadurch verstärkt wird.

Die Studienautoren sehen ihre Ergebnisse als ersten Schritt zu einer gezielten Identifizierung tragfähiger agrarökologischer Maßnahmen auf temporären Wiesen, die zur Förderung der Gesundheit von Honigbienen in der Agrarlandschaft umgesetzt werden können.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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