Flügeldeformationsvirus entwickelt sich weniger resistent

  • Veröffentlicht am: 14.03.2024

Eine dichte Aufstellung von Bienenvölkern begünstigt tödliche Varianten des Flügeldeformationsvirus. Foto: Niels Gründel

Das Flügeldeformationsvirus hat sich bei Honigbienen in einem Wald der Vereinigten Staaten zu einem weniger tödlichen Virus entwickelt: Weil Honigbienen-Völker dort nicht dicht bei dicht stehen.

In einer Studienarbeit wurden Häufigkeit und Schweregrad des Flügeldeformationsvirus von wildlebenden Honigbienen in einem Wald außerhalb der Stadt Ithaca mit bewirtschafteten Honigbienen aus den US-Bundesstaaten New York und Pennsylvania verglichen. Das Team der Forscher fand heraus, dass die Infektionsraten zwar in allen Gruppen ähnlich waren, ein in der wilden Honigbienen-Population gefundener Virusgenotyp, also eine Variante eines Virus, jedoch zu milderen Infektionen führte als das Virus, das in den von Imkern verwalteten Bienenstöcken der beiden Bundesstaaten gefunden wurde.

Dies deute darauf hin, dass, ähnlich wie bei bestimmten Varianten menschlicher Viren, die zu weniger schweren Infektionen führen, auch weniger virulente Stämme des Flügeldeformationsvirus in Honigbienen-Populationen zirkulieren könnten, so Allyson Ray, inzwischen an der Vanderbilt Universität.

„Wie unterschiedliche Virusgenotypen zu mehr oder weniger schweren Infektionen führen können, könnte uns helfen, die Infektionsdynamik in verwalteten Bienenvölkern besser zu verstehen“, erklärt Allyson Ray. „Wenn wir wissen, dass bestimmte Varianten das Potenzial besitzen, mehr Schaden anzurichten, könnte das für die Bienenbetreuung hilfreich sein und unser Verständnis der Epidemiologie dieses Virus verbessern.“

Christina Grozinger von der Penn State Universität sagt, die Arbeit sei eine Gelegenheit, die Virusdynamik in verschiedenen Arten von Bienenvölkern zu untersuchen: „Die meisten Untersuchungen zu Interaktionen zwischen Honigbienen und Viren konzentrieren sich darauf, wie Bienen auf Viren reagieren und wie wir Bienen züchten können, damit sie resistenter gegen die Viren werden. Die Theorie der Krankheitsökologie sagt jedoch voraus, dass sich die Viren in Gebieten, in denen sie sich nicht so schnell auf neue Wirte verbreiten können, möglicherweise weniger schädlich für ihre Wirte entwickeln und den Viren mehr Zeit geben, sich auf neue Wirte auszubreiten. Wir hatten eine perfekte Gelegenheit, diese Theorie anhand der wilden Honigbienen-Populationen zu testen, die im Arnot-Forest in New York gefunden wurden.“

Dem Wissenschaftlerteam zufolge sind zwei der größten Krankheitsbedrohungen für Honigbienen das Flügeldeformationsvirus und der Parasit, der es verbreitet: die Varroa-Milbe Varroa destructor. Wenn Milben ein Bienenvolk befallen, richten sie Schaden an, indem sie direkt an den Bienen leben und sich von ihnen ernähren und darüber hinaus auch das Flügeldeformationsvirus verbreiten.

Kolonien können durch Milbenbefall und die damit verbundenen Virusinfektionen innerhalb von zwei bis drei Jahren ohne menschliches Eingreifen zugrunde gehen. Wilde Kolonien ohne menschliche Fürsorge sind theoretisch besonders gefährdet.

Nichtsdestotrotz haben Wissenschaftler in den letzten Jahren rund um den Globus immer wieder Honigbienenvölker gefunden, denen es gelungen ist, sich von einem Milbenbefall zu erholen, darunter auch wildlebende Kolonien im Arnot-Wald außerhalb von Ithaca. Die dortigen Bienen werden seit Jahren von Tom Seeley untersucht.

„Frühere Studien zeigten, dass die Honigbienen aus dem Arnot-Wald noch Milben hatten und nicht wesentlich resistenter gegen Milben waren als Bienen aus verwalteten Populationen“, so Allyson Ray. „Wir stellten daher die Hypothese auf, dass sich das Virus möglicherweise weniger virulent entwickelt hat und mildere Infektionen verursacht und die Bienen nicht resistenter gegen die Milben werden.“

Von Imker verwaltete Honigbienen-Völker stehen oft sehr nahe beieinander und die Bienen können Viren übertragen, indem sie in ein falsches Volk zurückfliegen oder auf denselben Blüten nach Nahrung suchen.

„Im Arnot-Wald sind die wildlebenden Bienenvölker weiter voneinander entfernt, sodass es für Honigbienen weniger Möglichkeiten gibt, in Kontakt zu geraten, um so das Virus zu verbreiten“, vermutet Christina Grozinger. „Hochvirulente Viren würden also ihre Wirte zu schnell töten, bevor sie sich verbreiten, und mildere Viren würden in dieser Population fortbestehen.“

Um zu analysieren, was möglicherweise dazu führt, dass die Bienen im Arnot-Wald widerstandsfähiger gegen Krankheiten sind, sammelten die Forscher Honigbienen an 13 Standorten im gesamten Arnot-Wald und an Imkerständen in den US-Bundesstaaten New York und Pennsylvania. Anschließend analysierten sie die Infektionsraten in den drei Erhebungsgruppen, extrahierten alle in den Bienen vorhandenen Viren und sequenzierten die Virusgenome.

Schließlich infizierten sie experimentell Honigbienen aus zwei Völkern, die aus Pennsylvania stammten, mit Virusstämmen aus dem Arnot-Wald und von den verwalteten Imkerständen.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass es zwischen den Völkern keinen Unterschied in der Virusmenge gab, mit einer Infektionsrate von etwa 40 % bis 57 %; auch die Viruslast war in allen Gruppen ähnlich.

Als die Forscher jedoch verglichen, wie es den Pennsylvania-Bienen nach einer Infektion mit den verschiedenen Virusstämmen erging, stellten sie fest, dass die Virusgenotypen aus dem Arnot-Wald im Vergleich zu den Viren aus den verwalteten Kolonien zu milderen Infektionen und einer höheren Überlebensrate führten.

„Bei sehr niedrigen Dosen sahen wir bei diesem Virus ähnliche Überlebensraten wie bei den Kontrollen“, erläutert Allyson Ray. „Das macht es nicht unbedingt zu einer avirulenten Infektion, aber es zeigt, dass es im Großen und Ganzen Unterschiede bei der Infektion gibt, die auf dem viralen Genotyp basieren, mit dem die Bienen infiziert sind.“

Weitere Studien und Bewertungen des Virus im Arnot-Wald können helfen, den Selektionsdruck, der zur Entwicklung des Virus führt, besser zu verstehen.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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