Apitherapie als vielversprechende Quelle gegen COVID‐19
Bisherige Studien zeigen nur punktuell Ansätze für die Prophylaxe und Behandlungsmöglichkeiten. Foto: Tumisu/Pixabay, CC0
Das Auftreten des Coronavirus (SARS-CoV-2) im Jahr 2019 war der dritte Ausbruch eines hoch pathogenen Coronavirus, das den Menschen infiziert. Das neuartige Virus verbreitete sich seither weltweit. An Impfstoffen und Therapeutika zur Behandlung von Coronavirus-Infektionen wird seit rund einem Jahrzehnt geforscht, jedoch ohne bisher zugelassene Präparate. Die Apitherapie könnte eine vielversprechende Quelle für pharmakologische Wirkstoffe und medizinisch wirksame Lebensmittel zur Behandlung und Prophylaxe von COVID-19 bieten.
Bienenprodukte sind leicht verfügbar und mit Ausnahme des Bienengiftes gut verträglich. Viele Produkte der Honigbiene – Honig, Pollen, Propolis, Gelée Royale, Bienenwachs und Bienengift – zeigen eine starke antivirale Aktivität gegen Krankheitserreger.
Bisherige Studien sind jedoch bei weitem nicht ausreichend, sondern zeigen nur punktuell Ansätze für die Prophylaxe und Behandlungsmöglichkeiten. Es müssten klinische Studien durchgeführt werden, um den tatsächlichen Nutzen einer Apitherapie gegen SARS-CoV-2 bewerten zu können.
Honig
Honig ist ein vielseitiges und komplexes Naturprodukt, das aus mehreren bioaktiven Chemikalien besteht. Sie variieren stark abhängig von Bienenart und Umweltbedingungen. Die Verwendung von Honig zur Behandlung mikrobieller Infektionen reicht mehr als 5.500 Jahre zurück. Honig wird traditionell etwa zur Behandlung verschiedener viraler Atemwegserkrankungen wie Bronchitis, Halsinfektionen, Lungenentzündung und Grippe verwendet. Watanabe et al. zeigten in ihrer 2014 publizierten Studie, dass Manuka-Honig die virale Replikation des Influenzavirus unter Laborbedingungen hemmt.
Die antivirale Aktivität einiger Honigsorten wird auf verschiedene Eigenschaften zurückgeführt.
Flavonoide wie Quercetin und seine Derivate, u. a. Rutin, Isorhamnetin, Quercitrin und Isoquercetin, lassen sich häufig in Propolis- und Honigproben nachweisen. Sie zeigen eine antivirale Aktivität gegen Influenzaviren.
Eine antivirale Wirkung von Honig gegen das neuartige Coronavirus wurde jedoch noch nicht bestätigt.
Propolis
Propolis ist eine harzige Substanz, die im Allgemeinen aus ungefähr 50 % Harzen, 30 % Wachsen, 10 % ätherischen Ölen, 5 % Pollen und 5 % verschiedenen organischen Verbindungen, einschließlich Polyphenolen, Flavonoiden, Aminosäuren, Mineralien, Ethanol, Vitamin A, Vitamin B-Komplex und Vitamin E besteht (Anjum et al., 2019; Siheri, Alenezi, Tusiimire & Watson, 2017).
Propolis zeigte in vitro und in vivo u. a. vielversprechende antivirale Wirkungen gegen Influenzaviren (Shimizu et al., 2008).
Die antivirale Aktivität von Propolis wird vor allem auf seine Phenolverbindungen (Galangin, Chrysin, p-Cumarsäure, Kaempferol, Quercetin u. a.) zurückgeführt, die die Adsorption und den Eintritt des Virus in die Wirtszellen blockieren oder verringern (Kwon et al ., 2019; Schnitzler et al., 2010).
Gelée Royale
Gelée Royale ist ein Drüsensekret der Honigbienen. Es wird von den Ammenbienen für die Ernährung der Larven und der Königin verwendet. Gelée Royale besteht aus Wasser (60 bis 70 %), Zucker (12 bis 15 %), Proteinen (12 %), Lipiden (5 bis 6 %) und geringen Mengen Vitaminen und Mineralsalzen (Fratini, Cilia, Mancini & Felicioli, 2016a).
Die Verwendung von Gelée Royale allein oder in Kombination mit Propolis verringerte die In-vitro-Viruslast von Zellen, die mit dem Influenzavirus A2 infiziert waren (Filipic & Likar, 1976a). Die Häufigkeit der Grippe bei Patienten, die einen Apikomplex aus Honig, Gelée Royale (2 %), Pollen (3 %) und Propolis (1 %) verwendeten, war im Vergleich zu unbehandelten Patienten signifikant niedriger (Filipic & Likar, 1976aa).
Einige aus Gelée Royale isolierte Peptide (Jellein I - IV) zeigen sich als wirksame antibakterielle und antimykotische Mittel, um Koinfektionen bei Patienten mit COVID-19 zu vermeiden.
Mit COVID-19 werden zugleich am häufigsten die Bakterien Mycoplasma pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa, Haemophilus influenzae und Klebsiella pneumoniae nachgewiesen. Darüber hinaus wurden bei mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten auch einige Pilzpathogene wie Candida albicans, Aspergillus flavus, Aspergillus fumigatus und Candida glabrata identifiziert.
Jellein-Peptide zeigten bei Fontana et al., 2004 in vitro eine hohe Aktivität gegen K. pneumoniae, P. aeruginosa und C. albicans.
Bienenwachs
Bienenwachs ist eine komplexe organische Verbindung, die von den Wachsdrüsen der Arbeiterinnen ausgeschieden werden. Die Schuppen enthalten eine Mischung aus mehr als 300 Verbindungen – Fettsäureestern (~ 67 %), Kohlenwasserstoffen (12 % –16 %), freien Fettsäuren (12 % –14 %), Fettalkohol (~ 1 %), Diestern und exogene Substanzen, wie Rückständen von Propolis, Pollen und floralen Komponenten.
Die Wirkung des Rohextrakts aus Bienenwachs gegen pathogene Bakterien und Pilze wurde von Fratini et al., 2016b untersucht. Seine antivirale Aktivität wurde von Mohamed et al. 2015 untersucht. Dabei zeigte sich eine antivirale Wirkung gegen das DNA-Virus Adenovirus-7 und das RNA-Virus Rifttalfieber. Bienenwachs(-extrakte) wirken jedoch hauptsächlich gegen DNA-Viren, wobei die antivirale Wirkung von den angewandten Extraktionsmethoden und der Herkunft des Bienenwaches abhängen.
Pollen
Pollen wird von Blütenpflanzen produziert und von Bienen gesammelt. Der von Bienen gesammelte Pollen besteht aus Proteinen (5 bis 60 %), essentiellen Aminosäuren, reduzierenden Zuckern (13 bis 55 %), Lipiden (4 bis 7 %), Nukleinsäuren (insbesondere RNA), Rohfasern (0,3 bis 20 %) und Nebenbestandteile wie Mineralien, Vitaminen, Enzymen, Phytosterinen, Flavonoiden und organischen Carotinoiden.
Bienenpollen wurden bei der Chemoprophylaxe mehrerer Infektionskrankheiten verwendet, da die Immunität von Menschen verbessert wird (Filipic & Likar, 1976b). Einige Studien berichten über die antibakterielle Aktivität von Extrakten aus Bienenpollen gegen grampositive und gramnegative Bakterien, zeigten jedoch keine antiviralen Eigenschaften (Fatrcová-Šramková et al., 2013; Mărgăoan et al., 2015).
Viele der in Bienenpollen enthaltenen Verbindungen, insbesondere Polyphenole, weisen jedoch eine vielversprechende Aktivität gegen Coronaviren auf, wie SARS-CoV und MERS (Chen et al., 2006; Yi et al., 2004).
Bienenpollen mit hohen Mengen an Quercetin, Kaempferol und seinen Derivaten kann eine vielversprechende Alternative zur Bekämpfung von COVID-19 sein.
Bienengift
Bienengift wird von den Arbeiterinnen produziert und besteht aus mehreren aktiven Komponenten, einschließlich Enzymen, Peptiden, Aminosäuren, Phospholipiden, flüchtige Verbindungen, Pheromone und mit mehr als 80 % Wasser. In hohen Konzentrationen kann Bienengift beim Menschen Schmerzen, Entzündungen und allergische Reaktionen hervorrufen.
In Tierversuchen haben sich verschiedene pharmakologische Wirkungen gezeigt, wie entzündungshemmende, nozizeptive, antimikrobielle und antitumorale Wirkungen (Memariani et al., 2019; Perumal Samy, Stiles, Franco, Sethi & Lim, 2017).
Bienengift kann die Replikation des Influenza A-Virus (PR8) und des Humanen Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) signifikant senken (Uddin et al., 2016). Bienengift kann wahrscheinlich auch die Immunantwort gegen SARS-CoV-Infektionen anregen (Caramalho et al., 2015).