Genomanalyse Schweizer Honigbienen

  • Veröffentlicht am: 10.12.2021

Dunkle Honigbienen am Plantahof in Landquart. Foto: Niels Gründel

Genetische Analysen von Honigbienen aus Museumsbeständen haben einen Blick in die Vergangenheit ermöglicht: Wie hat sich die genetische Vielfalt der Honigbiene aufgrund imkerlicher Praxis und von Umwelteinflüssen verändert?

Bienen aus Museumssammlungen bieten die Gelegenheit, Einblicke in ihre genomische Vergangenheit zu gewinnen. Die Westliche Honigbiene Apis mellifera war im letzten Jahrhundert zahlreichen Veränderungen ausgesetzt: Bis in die 1950er-Jahre war die Imkerei weniger intensiv, Wildpopulationen deutlich häufiger anzutreffen. Mitte des 20. Jahrhundert wurde die Landwirtschaft industrialisiert und damit wurden ganze Landstriche umgestaltet. In den 1980er Jahren traf schließlich noch die Varroa-Milbe auf die Westliche Honigbiene. In der Folge kamen nicht nur in der Landwirtschaft Chemikalien zum Einsatz, sondern auch im Bienenstock.

Im Rahmen der Studie wurde das gesamte Genom von 22 Honigbienen sequenziert. Sie stammen aus dem Naturhistorischen Museum in Bern, alles Exemplare der Dunklen Honigbiene Apis mellifera mellifera aus den Jahren 1879 bis 1959. Andere Bienenrassen waren vor den 1950er Jahren nördlich der Alpen in der Schweiz kaum verbreitet.
Verglichen wurden die Sequenzdaten mit den Daten eines zuvor sequenzierten Genoms von A. m. mellifera aus dem Jahr 2014.

Das Ergebnis einer Hybridisierungsanalyse zeigte, dass bis auf eine Museumsbiene alle Bienen reinrassige Apis mellifera mellifera waren. Nur eine Biene aus dem Jahr 1959 ist ein Carnica-Hybrid. Die Analyse der mitochondrialen DNA ergab, dass eine weitere 1958 im Lötschental gesammelte Biene mütterlicherseits von einer Carnica stammt – wahrscheinlich einige Generationen zuvor.

Insgesamt erwarteten die Forscher, dass die Museumsbienen noch eine weit höhere genetische Vielfalt aufweisen würden. Sie stammten aus Zeiten, in denen Zuchtbestrebungen weniger ausgeprägt waren und viele Wildpopulationen vor Ankunft der Varroa-Milbe für einen regen genetischen Austausch sorgten.
Insbesondere Züchtungen gehen mit einem Rückgang der genetischen Vielfalt einer Population einher: unerwünschtes wird weggezüchtet, erwünschte Eigenschaften dagegen verstärkt.
Daher waren die Wissenschaftler erstaunt, dass sie keinen Rückgang der genetischen Vielfalt erkennen konnten, sondern im Gegenteil eine geringfügige Zunahme.

Die Analyse der Sequenzierungsdaten zeigte eine Reihe von Genen, die sich unterscheiden; sie nehmen bestimmte molekulare und biologische Funktionen wahr. Unterschiede zeigten sich in Proteinen, die u. a. Funktionen des Immunsystems übernehmen. Womöglich eine Reaktion auf die Varroa-Milbe und andere Erreger, die neu oder verstärkt auftreten: Nosema ceranae und die Europäische Faulbrut Melissococcus plutonius.
Darüber hinaus zeigten sich auch Unterschiede bei Genen, die in einem Zusammenhang mit dem Nervensystem stehen. Diese sind wahrscheinlich eine Reaktion auf einen Selektionsdruck durch Insektizide in der Landwirtschaft.

Der vermehrte Einsatz von Chemikalien in der modernen Landwirtschaft und die Bienenzucht haben somit ein Erbe im Genom der untersuchten Mellifera-Populationen hinterlassen.

Die Studie ist in vollem Umfang frei zugänglich (Open Access).
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