Artenvielfalt nutzt der Landwirtschaft
Die Natur vernichten und doch von ihr profitieren wollen? Das klappt wohl doch nicht. Foto: Niels Gründel
Rund 20 Prozent der Agrarflächen weltweit bringen heute weniger Erträge als vor 20 Jahren. Wie kann das sein, wo doch die industrielle Landwirtschaft eigentlich für immer bessere Erträge sorgen sollte? Schuld daran ist einzig der Mensch, der die Gratis-Dienstleistungen der Natur verschmäht und sie sogar vernichtet.
Die Natur ist in vielerlei Hinsicht eine herausragende Dienstleisterin für die Landwirtschaft. Bienen und Hummeln bestäuben Obstbäume und andere Nutzpflanzen. Schlupfwespen und Raubkäfer fressen Schädlinge, die sich sonst über die Ackerfrüchte hermachen würden. Dazu kommen viele weitere Tierarten, die gratis für den Menschen arbeiten.
Die positiven Effekte der natürlichen Dienstleister fallen umso größer aus, je höher die Artenvielfalt und je kleinteiliger die Agrarlandschaft gestaltet ist. Wo dagegen riesige, monoton bepflanzte Flächen vorherrschen, sind Vielfalt und Menge der nützlichen Lebewesen deutlich verringert. Und das wirkt sich am Ende auch negativ auf die Erträge aus.
Der Mensch müsse für eine möglichst große Biodiversität sorgen, um sich die Gratis-Dienstleistungen der Natur nachhaltig zu sichern. Es genüge nicht, auf einige wenige Arten als Bestäuber oder Schädlingsbekämpfer zu vertrauen. Dieses Fazit zieht nun – nicht ganz überraschend – ein internationales Forschungsteam.
Mehr als 100 beteiligte Wissenschaftler haben insgesamt 89 Studien ausgewertet, in denen der Zusammenhang zwischen Landnutzung, Biodiversität und den Gratis-Dienstleistungen der Ökosysteme erforscht wurde. Die Studien fanden an 1.475 Standorten weltweit statt – von Mais-Äckern in den Vereinigten Staaten über Rapsfelder in Südschweden, Kaffeeplantagen in Indien und Mango-Plantagen in Südafrika bis hin zu Weizen-Feldern im Alpenraum.
Die weltweiten Analysen belegen erstmals in einer einheitlichen Auswertung, dass der Verlust von Artenvielfalt wesentlich für die geringere biologische Schädlingskontrolle und Bestäubungsleistungen in ausgeräumten Agrarlandschaften ist. Ungefähr die Hälfte der Verluste lassen sich nur durch die geringere Artenvielfalt, und nicht durch eine geringere Menge von Bestäubern oder Gegenspielern erklären. Weiterhin zeigt die Studie erstmals für beide Ökosystem-Dienstleistungen, dass ihr Ausfall zu einer deutlichen Ertragsreduktion führt.
„Zum Beispiel sind Landwirte weniger auf den Einsatz von Insektiziden angewiesen, wenn eine natürliche Schädlingskontrolle durch eine hohe Biodiversität in Argarökosystemen gewährleistet ist“, so Studienautor Matteo Dainese von Eurac Research.
Politik und Gesellschaft sollten sich einer weiteren Verarmung der Agrarökosysteme entgegenstemmen, so Ingolf Steffan-Dewenter von der Universität Würzburg: „Wir brauchen eine Flurbereicherung. Eine möglichst große Biodiversität in den Agrarökosystemen wird zunehmend wichtig sein, um Erträge zu sichern und die Auswirkungen des globalen Wandels abzufedern.“
„Es wird kontrovers diskutiert, ob einige wenige, dominante Arten ausreichen, um Bestäubung und natürliche Schädlingsbekämpfung zu gewährleisten. Unsere Untersuchung deutet stark darauf hin, dass eine große Zahl von Arten nötig ist, um die Dienstleistungen der Natur und gute Erträge aufrecht zu erhalten“, so Dr. Emily Martin von der Universität Würzburg.
A global synthesis reveals biodiversity-mediated benefits for crop production. Dainese et al., Science Advances, 16. Oktober 2019, DOI 10.1126/sciadv.aax0121